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Von Treibern, Trieben und Getriebenen

Neulich traf ich Herrn G., der mir seine Philosophie der problemorientierten Optimierung näherbringen wollte. Er erzählte erst einmal ein paar Beispielfälle. Das waren meist Ereignisse aus dem groben Medienumfeld. Es ging beispielsweise um zukunftsweisende Strategien für Verlage. „Alle Änderungen, die wir dort erfolgreich anstreben, sind letzten Endes IT-getrieben.“ Das war sein Fazit. Da dachte ich bei mir, dass ich ungern ein Getriebener sein möchte. Denn das nähme mir den Atem und führe zu einem Tunnelblick. Dagegen: Verstehen möchte ich schon.

IT-getrieben

Handeln und entscheiden

Handeln möchte ich selbst und auf der Basis meiner eigenen Entscheidungen. Keineswegs sollte dabei eine andere Macht meine Wahl bestimmen, als mein Verstand oder meine Empathie. Daher versuchte ich, mir eine Arbeitsumgebung vorzustellen, die von IT-Treibern beherrscht wird. Und, jetzt halten Sie mich nicht für blöde, denn sofort musste ich an Captain Picard und die Borgs aus dem Star-Trek-Universum denken. Deren Slogan: „Widerstand ist zwecklos.“ Unfreiheit durch Technik also.
Ok, das ist Science-Fiction. Gelegentlich nehme ich mir eben die Freiheit, mich in meinen eingebildeten Helikopter zu setzen, um die Erdoberfläche aus Distanz anzuschauen. Denn das hilft, um mehr als die Alltagsstrukturen wahrzunehmen. Wenn man sich nämlich einmal traut, sich selbst zu verrücken, ergeben sich plötzlich ganz spannende, neue Perspektiven. Und was musste ich da sehen? Im Linienbus, auf Schulhöfen, in Konzerten – ja selbst in Kirchen während des Gottesdienstes sind die Menschen von heute IT-getrieben. Selbst meine Seminarteilnehmer erlauben sich, während des Seminars Facebookposts und What’sup-Texte zu versenden und zu lesen – trotz meines offen erklärten Missbehagens. Das bestimmt heute die Welt: die Menschen dienen der IT.

Bewusst führen

Offen gestanden möchte ich das nicht bis in die letzte Konsequenz denken. Nein, Werkzeuge, die das erledigen sollen, was man ihnen aufträgt, Operationen durchführen, die mechanistische Prozesse lenken und sicher vollenden – so etwas möchte ich. Diese Maschinen unterstehen meinem Willen. Ich treibe sie durch meine Programmierung, meine Befehlseingabe. Alles, was dazu 180 Grad auf der anderen Seite liegt, könnte schließlich zum Problem werden. Nein, die Führung hat nicht die Maschine, die habe immer noch ich. Herr G. mag sich treiben lassen, ich bleibe lieber der Navigator am Steuer aller Prozesse und zusammen mit meinen Mitarbeitern – nicht mit meinem Rechenzentrum-Equipment, mag es noch so schick und clever gebaut sein.