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Wie ich beinahe ein gutes Coaching erlebt hätte

Herr G. saß mir gegenüber, in seiner typischen Haltung des systemischen Coachs. Das war nicht verwunderlich, da er mich gerade coachte. Das hatten wir gestern erst ausgemacht. Spontan, nach dem ich eine gefühlte Ewigkeit meinem Frust freien Lauf gelassen hatte. Das muss nicht immer sofort zu einer Coachingsitzung führen oder zur Einweisung in die Klapsmühle oder der Überstellung in ein geheimes Labor der Hirnforschung. Doch manchmal bekommt das einfach ein Kollege mit, der dann das anbietet, was er meint zu können: Coachen.

Verloren im Coachingsumpf

Wir sitzen uns also gegenüber und Herr G. beginnt mit systemischen Fragen, die alle mit „W“ beginnen. Ich lasse mich nicht lange bitten und lege los. Mein Plappermaul will gar nicht stoppen, so viel will da raus. Und ich muss mich einfach mal nicht kontrollieren: Wem sage ich gerade was?
In 45 Minuten durchjagen wir den Stand der Dinge, meine Pläne, und die Zukunft. Ein beachtliches Tempo, denke ich mir und fühle mich gut dabei. Entschleunigen kann ich später noch.

Ich bin guter Dinge und will mich bei Herrn G. bedanken, immerhin sind die 45 Minuten um, doch so einfach geht das nicht. Herr G. will nun unbedingt die Coachingsitzung positiv werten. Dazu geht er von der sytemischen Fragerei über zur Suggestiv-Masche. Und das kommt bei mir gar nicht gut an. Herr G., denke ich mir, lassen Sie doch den Scheiss. Ob das jetzt positiv war, ob ich etwas neues erkannt habe, dass ist doch mein Bier. Halten Sie das doch aus, dass Sie mir einfach nur die Möglichkeit des lauten Denkens und der Reflektion geboten haben. Das wäre Coaching, ein wirklich gutes Coaching gewesen.