Gestern sprach ich mit B. Das ist ein geistig ungeheuer beweglicher Mensch, den ich mit Fug und Recht als Mentor bezeichnen kann. Kurz schilderte ich ihm, dass es mir gegenwärtig schwerfalle, klare Gedanken zu fassen, denn so viele weniger angenehme Umstände seien in der Gesellschaft in der wir lebten eingetreten, die mich dazu brächten, plötzlich viele Sachverhalte einfach zu sehen.
Als Beispiel nannte ich die Schere zwischen Arm und Reich, die, statistisch belegt, in den vergangenen zehn Jahre so groß wie nie geworden ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob man sich nur die Situation hierzulande anschaue, oder ob der gesamte Planet den Bezugsrahmen der Betrachtung abgebe. Grob vereinfachend, verlieh ich meiner Überzeugung Ausdruck, dass jenes, nur wenige Menschen beglückende Paradies der Unabhängigkeit und steten Wohlstandsmehrung nicht nur heute schon Unheil verursache und zahllose Menschenleben koste.
Lösungen durch Komplexität verhindern
Und jetzt die Vereinfachung: Dieses Handeln zerstöre den Planeten und führe nur zu immer mehr Unglück. Dann interpretierte ich dies für B. Das sei doch eine Milchmädchenrechnung, stark vereinfachend und die Komplexität der planetarischen Lage in Wirtschaft und Diplomatie in keiner Weise spiegelnd. B., das bemerkte ich wieder einmal, ist ein weiser Mann, der mit beinahe 80 Jahren so geistig beweglich ist wie niemand den ich kenne. Er gab mir den Rat, nicht zu verzweifeln und zudem meine Einschätzung ernst zu nehmen. Es sei nämlich so, dass wir unter einer Diktatur der Komplexität lebten, mit der eigentlich jeder Missstand zu begründen sei, was uns in Folge dann davon abhielte, tatsächliche Lösungen zu finden. Er bat mich demgemäß höflich, meinen Arbeit an der Einfachheit nicht mit Einfalt zu verwechseln: „Einfachheit ist das Schwerste, was du erzielen kannst.“