Heute musste ich schmunzeln. In einem spannenden historischen Museum in der oberpfälzischen Provinz stand ein Fernsehgerät. In Endlosschleife liefen darauf zahllose Werbeclips für die HB-Zigarette. Und wer ein wenig älter ist, erinnert sich noch an jenes kleine cholerische Männchen. Der machte irgendetwas, und dann brach die Welt zusammen. Alles, aber auch wirklich alles bekam der kurz und klein. Jetzt glaube ich, dass sich damals die gesamte Gesellschaft in der Nachkriegsbundesrepublik über den kleinen Zeichentrickkerl namens Bruno amüsierte. Heute sind solche Figuren undenkbar.
Das Einerlei der Werbung und der vielfältige Alltag
Was passiert an Werbung? Eindeutig wiedererkennbare Charaktere bietet nur mehr Kinderreklame. Dabei spricht der Alltag Bände dagegen. Wie oft flippen in diesem Landstrich gerade junge Leute aus und hauen sich am Wochenende die Köpfe blutig? Montags sind die Zeitungen voll mit Meldungen, wer wo wann in der Innenstadt wieder einmal eine anständige Beulerei aufs Parkett gelegt hat. Und dann diese ungeduldigen Drängler auf der Autobahn: Hat das nahe Auffahren bei über 200 Stundenkilometern noch irgendetwas mit Fahrfreude zu tun? Mag sein, dass ich in dieser Hinsicht zu naiv bin. Mir bereitet es keine Freude, schnell zu fahren. Im Gegenteil, empfinde ich Aufregung zwar stets als wesentlichen Bestandteil, aber dennoch promoviere ich eindeutig Gelassenheit anstelle von derart unnötigem Stress.
Gelassenheit ist eine Haltung
Diese Haltung kann ich jedoch nur aus der Distanz entwickeln. Irgendwer hat einmal ganz klug auf die Verwandtschaft mit der Ironie verwiesen. Ironisch kann man ja auch nur sein, wenn man den Blick von außen auf die Dinge und ihre Verhältnisse lenkt. Und erst dann ist man dazu in der Lage, die Bedeutung oder im besten Falle die Bedeutungslosigkeit irgendeines Sachverhalts, sei es nun ein Streit oder zu dichtes Auffahren, besser zu erkennen. Vor allem, besser sich und seine im günstigsten Fall gelassene Reaktion darin zu üben. Denn was kann schöner sein, als verhalten und reflektiert auf übereilige Aggression zu reagieren. Bruno war uns damals ein hervorragendes Beispiel, selbst wenn er fürs Rauchen die Leinwand betrat. Dennoch denke ich, dass diese Figur heute, mehr als drei Jahrzehnte nach der letzten Ausstrahlung eines Stunts von Bruno, stärker denn je dazu in der Lage ist, auf unsere gelegentliche Unpässlichkeit in heiklen Situationen mit konstruktiver Deutlichkeit hinzuweisen. Jedenfalls habe ich mit großer Freude festgestellt, wie unproduktiv Aggression ist. Da ich jedoch alles andere als unempfänglich für emotionale Spannungen bin, habe ich tief durchgeatmet, herzhaft über Bruno und umso herzhafter über mich gelacht.