Morgen werde ich Idiot
Prompt zum Bild: Morgen werde ich Idiot. Kommentar der KI zum Bild: Hier ist das humorvolle Bild einer Person, die entschlossen aussieht und dabei übertrieben dumm wirkt. Sie ist umgeben von lustigen Requisiten, die zur Stimmung passen!

Morgen werde ich Idiot: Die Kybernetik als modernes Optimierungssystem

In einer Welt, in der jeder Aspekt unseres Lebens bis ins kleinste Detail optimiert wird, frage ich mich oft, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, den Kopf einfach mal auszuschalten und die Biologie ihrem natürlichen Lauf zu überlassen. Morgen ist es so weit: Ich werde Idiot! Ja, Sie haben richtig gelesen. Der Plan ist, einen ganzen Tag lang nichts zu optimieren, nichts zu regulieren – einfach der pure Zustand des Dummseins. Aber warum gerade morgen? Lassen Sie mich Ihnen erklären.

Die Kybernetik, das alles durchdringende Konzept der selbstregulierenden Systeme, hat uns in einen Zustand versetzt, in dem wir uns heute befinden: ein gesichtsloses Kollektiv, das in ständiger Angst vor dem Versagen lebt. Das Motto der Kybernetik könnte man auch als „Optimierung bis zum Umfallen“ zusammenfassen. Wir leben in einer Wirklichkeit, in der alles, was wir tun, durch Algorithmen und KPIs bestimmt wird. Unsere Gefühle werden zu Datensätzen, unser Lebensstil zu einer Serie von Messwerten. Auf der Suche nach dem perfekten Ich wurden wir zu einer gesichtslosen Computation aus Karrierezielen und Fitness-Trends.

Morgen werde ich also aufstehen und beschließen, sämtliche Optimierungssysteme zu ignorieren. Keine Fitness-Tracking-App, die mir sagt, wie viele Schritte ich machen sollte und wie viele Kalorien ich verbrennen muss. Keine Selbsthilfe-Bücher, die mir erzählen, wie ich in nur drei Schritten zu einem besseren Menschen werde (Spoiler: der dritte Schritt ist immer „Kaufe unser Buch“). Wer sagt denn, dass man „effektiv arbeiten“ muss? Was ist, wenn ich einfach mal fünf Stunden auf der Couch chillen will, um mich in die hohe Kunst des Nichtstuns, des Wu wei einzuarbeiten?

Man könnte einwenden, dass Intelligenz in einer Welt, die sich ständig weiterentwickelt, unerlässlich ist. Aber was nützt das beste Hirn, wenn man als Schlaf- und Schokoladenenthusiast die große Optimierungsmaschinerie nicht versteht? Deshalb werde ich stattdessen ins totale Chaos eintauchen. Vielleicht mache ich Kunst, die keine „Botschaft“ hat und nicht nach dem neuesten Trend gestaltet ist – einfach um der Kunst willen! Oder ich werde an einem Tag alles essen, was meine Diät-App für tabu erklärt hat: Pizza, Schokolade, und vielleicht sogar einen Löffel Nutella direkt aus dem Glas.

Ich kann mir schon jetzt vorstellen, wie meine Social-Media-Follower entsetzt auf meine plötzliche Idiotie reagieren werden. „Was, kein Workout-Video? Keinerlei Motivationstexte?! “ Ja, genau, liebe Freunde. Das ist der Punkt. Ich werde mir den Luxus gönnen, einfach zu sein, ohne ständig zu überlegen, ob ich das gerade optimal mache. In einer Welt, die uns ständig anweist, wer wir zu sein und wie wir zu leben haben, ist es mittlerweile ein subversiver Akt, einfach mal nichts zu tun.

Also, während der Rest der Gesellschaft seine ständige Optimierung frisiert, werde ich mein Gehirn einpacken und das Leben im „Idiot-Modus“ genießen. Vielleicht entdecke ich dabei die Freiheit des unvollkommenen Daseins und schaffe es, den Algorithmus für einen kurzen Moment zu überlisten.

Morgen wird mein persönlicher Tag des idiotischen Widerstands. Und wer weiß? Vielleicht ist das der wahre Weg zur Selbstoptimierung. Wenn das Jahrhundert der Kybernetik uns eines gelehrt hat, dann wohl das: Manchmal ist der beste Weg zur Optimierung des Lebens, einfach mal weg zu sein.

 

Morgen werde ich Idiot lautet die gleichnamige Abhandlung von Hans-Christian Dany, erschienen in der Edition Nautilus.