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Über das Älterwerden

Lieber M.

Am Titel erkennst Du, worum es geht. Den habe ich von Dir. Du weisst. Ich habe damals den Katalog für Dich publiziert. Was war das für eine schöne Ausstellung! Was bleibt, ich lese es immer noch als Frage. Zumal wir uns jüngst darüber unterhielten, wie das ist, mit dem Älterwerden.
Wir beklagten uns nicht. Vielmehr hast Du mich dazu angestiftet, das Thema Älterwerden in mein Coaching Angebot aufzunehmen.

Die Grundform von bleibt ist bleiben. Aufhalten, herumstehen, verbleiben, verweilen, Zeit verbringen, weilen, Wurzeln schlagen. Einen Ort beibehalten, einen bestimmten Zustand beibehalten. Bestehen bleiben, übrig bleiben, verbleiben, zurückbleiben, überbleiben. Durchhalten, erhalten bleiben, fortbestehen, fortdauern, fortleben. Sich halten, sich behaupten, sich über die Zeit retten, standhalten, überdauern, überleben. Weiter bestehen, dicke Bretter bohren. Aufrechterhalten, dabei bleiben. Fest im Blick behalten, festhalten an, Kurs halten. Sich nicht abbringen lassen, von etwas nicht abgehen, nicht ablassen. Jemensch nicht anfechten. Sich nicht aus dem Konzept bringen lassen, nicht aus den Augen verlieren. Sich nicht beirren lassen. Seiner Linie treu bleiben, standhaft bleiben. Etwas unbeirrt fortsetzen, (unbeirrt) weitermachen wie bisher. Auf Eis gelegt worden sein, auf Eis liegen, ausgesetzt sein, unentdeckt bleiben, eingefroren sein, ruhen.

Ich schaue bisweilen den Menschen zu, wie sie sich anziehen. Sich aufhübschen. Sich schminken. Und mit einer kessen Geste das Instagram-Video beenden. Ich wusste bis dahin nicht, dass dieses Hobby auf mich eine Faszination ausüben kann, dass deren Hobby mir ein Hobby werden kann. Mit Vorliebe schaue ich weißen cis Männern zu, wie sie mir unter dem Stichwort Heritage Kleidung vorführen oder mir erklären, wie sich ein Gentleman anzieht. Vielleicht falle ich aber einfach nur der Werbeplattform anheim, gehe den Influencern auf dem Leim.

Mit selbst gebauten Fotoapparaten legte sich Tichý, Fotograf und Maler, auf die Lauer und fotografierte Frauen, junge Mädchen beim Sonnenbaden oder im Park, ältere Frauen auf dem Markt und auf der Straße. Seine Vorliebe für Frauen und ihre Körper wird von einigen als Voyeurismus, von anderen als Hommage an die weibliche Figur bezeichnet. Er selbst sagte, er stelle nur dar, was wirklich sei.

Ich sehe nur, was wirklich ist. Ist wirklich das, was bleibt?

Tatsächlich existierend und nicht nur in der Einbildung vorhanden seiend. Den Erwartungen und Wertvorstellungen entsprechend. Wahrhaftig, echt, sehr.

Manchmal nehme ich meine Fotomappen und Fotoschachteln zur Hand und stöbere und blättere durch, was ich darin abgelegt habe. Eine Zeitreise beginnt. Und endet, sobald ich die Mappen oder Schachteln zur Seite lege. Das stimmt jetzt nicht ganz. Du hast es bestimmt gleich bemerkt, lieber Freund. Oft wirken die Aufnahmen nach. Sie begleiten mich vor meinem inneren Auge. Sie rufen Erinnerungen wach. An Reisen oder Ereignisse oder Alltäglichkeiten. Ich habe auch ein Fotoalbum mit Aufnahmen aus meiner Kindheit. Diese Aufnahmen sind mir eher fremd. Die Erinnerungen an diese Zeit sind zumeist verblast.

Ich stelle mir vor, wie Hannah auf diese Bilder in meinem Fotoalbum blickt und nicht so recht weiß, wie sie mit diesen Bildern umgehen sollen, weil sie selbst mit einer anderen Bilderkultur, einem anderen Bilderuniversum groß geworden ist. Wie sie mühselig versucht, die Bilder in meinem Fotoalbum zu decodieren und sich an die Geschichten zu den Bildern, die ich ihr vielleicht erzählte, zu erinnern. Und wie dann diese Bilder als Dinge ohne Geschichten bleiben, als eigentümlicher ästhetischer Reiz. Irgendwie bedrückend, weil die Menschen, die dort abgebildet sind, weil ich, der ich dort abgebildet bin, nicht da bin. Nicht mehr da bin. Und irgendwie bedeutend, weil ich anders bin, als Hannah selbst auf Bildern aufscheint. Und dann irgendwie leer, weil die Geschichten in den Bildern, in dem Album, nicht mehr zu finden sind. Es bleibt die Frage, die eine Feststellung ist: Was bleibt.

Mit den Fotografien bin ich nicht identisch. Ich bin nicht das Kind, der Jugendliche, der Heranwachsende. Ich bin nicht der Mensch, der sich vor seiner Instagram-Kamera anzieht. Zwischen den Fotografien, den Filmchen und mir gibt es eine Distanz. Einen kognitiven Abstand. Ich bin nicht das, was die Bilder zeigen. Ich bin nicht das, auf das die Bilder zeigen. Aber die Bilder zeigen einen Schatten meiner Selbst. Einen verblassenden Schatten. Ein verschwindendes ich.

Es muss um das Jahr 2010 gewesen sein, da ich anfing, mehr Wert auf gute Kleidung zu legen. Ich fing an, meine Garderobe peu à peu zu erneuern. Ich erwarb gutes Schuhwerk und achtete auf feines Tuch bei der Auswahl der Anzüge.

Als ich Dich kennenlernte, lieber M., war mir das Schnuppe. Punk war das Lebensgefühl. War unser Lebensgefühl. Wir waren laut. Wir waren ungehorsam. Wir waren ungestüm. Die Kleidung musste das aushalten. Sie war einfach. Sie war robust. Wir bedienten uns aus den Altkleidercontainern. Der Geldbeutel gab nicht viel her.

Heute sind wir alt. Ich fange an zu überlegen, wie viele Jahre ich noch leben werde. Wie viele Male ich noch aufwachen werde. Was ich noch erreichen kann. Was ich noch erreichen werde. Ich überlege, ob ich mir noch etwas anschaffen soll. Oder beginnt nicht eher die Zeit, dass ich die Dinge abschaffe. Sie verkaufe oder verschenke? Dass ich abschaffe, was ich angeschafft habe. Dass ich beende, was ich begonnen habe.

Wie viele Jahre werde ich noch leben? 10? 20? 30?

Die Jugendlichen haben nichts Besseres zu tun, als den ganzen Tag zu gammeln. Gammeln wurde aus niederdeutsch gammeln „alt werden“ übernommen und lässt sich auf ein germanisches Adjektiv mit der Bedeutung „alt“ zurückführen.

Zurückschauen. Was war? Wie ist es mir ergangen? Wie war ich unterwegs?

Die Fotoapp auf meinem Smartphone bietet mir den Service der Erinnerungen an. Nach einem mir nicht ersichtlichen Algorithmus kuratiert die App aus dem Haufen der vielen Aufnahmen der vergangenen Jahre eine Slideshow. Unterlegt mit einer klebrig-süßen Melodie. Es ist ein Rückblick. Ist es auch ein Rückschritt? Ist es nicht viel schöner, hinunter in den Keller zu gehen? Dorthin, wo gut verstaut die Fotoschachteln stehen, um mir eine mit nach oben zu nehmen. Nach oben in die Bibliothek. Dort setze ich mich in meinen Lesesessel und öffne die Schachtel und nehme behutsam, ja zärtlich, eine Fotografie nach der anderen heraus und schaue sie mir an und schließe die Augen und warte auf die Erinnerungen.

Zu wenig Zeit genommen
für die Betrachtung der Sterne
Ich rede nicht von Teleskopen
Ich spreche von einer Dachluke
in einer ganz gewöhnlichen
wolkenlosen Nacht
vom Heimweg zu später Stunde
nur flüchtig aufschauend
den Schlüssel schon im Schloss
Nicht was ich weiß
reut mich
mich reut der nachlässige Gebrauch
meiner Sinne
(Rainer Malkowski)

Ich sitze eingehüllt in meinem dicken Wollbademantel. Mit der rechten Hand umfasse ich Hannahs Kuscheltier. Der Frühstückstisch vor mir ist für zwei Personen gedeckt. Das Tischdekor weist auf die Osterzeit hin. Im Hintergrund ist auf der Fensterbank ein Bonsaibäumchen zu erkennen. Das war um 2005 herum. Ich wohnte noch in der kleinen Dachstube am Sedanplatz.

Mit Hannah unternahm ich in Hamburg eine kleine Hafenrundfahrt. Die Barkasse, die wir fast für uns alleine hatten, wäre da nicht die lautstarke Männergesellschaft gewesen, fuhr an Containerterminals vorbei. Die Container stapelten sich bis in den Himmel.

Das war die Zeit der Umorientierung. Das alte Leben war vorbei. Trennung, Ablösung, Abtrennung, Abschied, Auseinandergehen, Lebewohl, Weggang, Abscheidung, Absonderung, Abspaltung, Abtrennung, Analyse, Aufteilung, Auftrennung, Ausfällung, Entfernung, Herauslösung, Loslösung, Schnitt, Separation, Separierung, Spaltung, Zerlegung, Ausschluss, Abbruch, Unterbrechung, Auflösung, Aufspaltung, Teilung, Rausschmiss, Abspaltung, Sezession, Scherbenhaufen. Therapie.

Şeyda Kurt eröffnet ihr Buch Radikale Zärtlichkeit mit der Schilderung, was die Trennung der Eltern in ihrem Leben angerichtet hat. Eine Welt ist zusammengebrochen. Auch für Hannah ist damals eine Welt zusammengebrochen. Sie war, im Gegensatz zu Şeyda, erst sechs Jahre alt. Für mich war es ein Zusammenbruch. Mein Bild einer heilen Welt war nicht mehr aufrechtzuerhalten. Die Verletzungen von damals sind bis heute nicht verheilt.

Reset. Das neue Leben wollte gelebt werden.

Einmal im Jahr, lieber M., fahre ich für ein Wochenende in die Stille. Schweigen. Heimkehr in der Stille. Ich habe Dir sicherlich schon oft davon erzählt. Von meinem Wüstentag. Wenn ich in der Benediktinerabtei ankomme, freundlich begrüßt. Hernach mein Zimmer beziehe. Eine karg eingerichtete Kammer. Nichts soll mich ablenken. Dann sitze ich an dem Schreibtisch und sortiere meine Gedanken. Lasse zuerst den Alltag abgleiten. Die Hektik. Den Ärger. Die Unruhe.

Ich atme durch. Und schweige. Ich lausche den Gedanken. Spüre in meinen Körper hinein. Ich achte auf meinen Herzrythmus. Nehme ich ein Stolpern wahr? Nehme ich das leise rauschen und fiepen im Ohr wahr? Ist das schon ein Tinnitus?

Die Stille um mich herum ist wohltuend. Ich vertraue mich ihr an. Fühle mich zart eingebettet und behütet. Ich atme ein. Ich atme aus. Aufatmen. Spüren, dass ich lebe.

Heimkehr in der Stille
ahnen dürfen
dass es einen Ort gibt
in mir
wo ich wohne
und mich meine

Ich jobbte in Versicherungen und Verlagen. Arbeitete in Registraturen, Archiven und Poststraßen. Schuftete auf dem Bau. Fuhr Taxi und trieb Außenstände ein. Ich fotografierte Menschen und Gebäude und Interieur. Gestaltete Webseiten und Wikis und Blogs. Organisierte Veranstaltungen und Ausstellungen. Schlug mich als Künstler durch und organisierte Kunstgespräche und Kongresse. Beriet Menschen und Firmen, große und kleine. Ich coache noch immer Führungskräfte und Wirtschaftsbosse, Geschäftsführer und Gründer, Arbeiter und Angestellte.

Den Zufall und die Montage durch gezielte oder willkürliche Neuabmischung von Texten in die Literatur einfließen lassen. Den Zufall und die Montage durch gezielte Wiedergabetechniken in meine Biografie einfließen lassen.

All diese Begebenheiten, von denen ich hier erzähle, steigen wie Luftblasen aus den Tiefen der erlebten Geschichte auf und bilden Mosaiksteine, die zu einem stimmigen Bild zusammengesetzt werden wollen. Lange schon unternehme ich den Versuch, lieber M., die gemeinsame Geschichte und die gemeinsamen Geschichten von uns, von Dir, Bernhard und mir und den Anderen, die wir im Rahmen der Gruppe FfK erlebt und gestaltet haben, aufzuschreiben und zu erzählen und wiederzugeben und in eine zu vermittelnde Form zu bringen. Bisher ist mir das nicht gelungen. Manchmal nehme ich das mit Verzweiflung wahr. Manchmal denke ich, es war wohl doch nicht alles so bedeutend.

Und dann die Gegenwart wahrnehmen. Was beschäftigt mich aktuell? Wie geht es mir jetzt? Was geht mir nach?

Ich lebe bestimmt. Noch. Das Ende zeichnet sich ab, ganz weit, weit hinter dem Horizont. Wohlweislich, alles bedenkend, aus nachvollziehbaren Gründen, ist es nicht nah, das Ende. Ich spüre noch Kraft in mir, den Saft in den Knochen. Warum schreibe ich noch? Habe ich Zweifel? Zweifel ich an mir? Bin ich mir nicht sicher? Ich spüre die Kraft. Da bin ich mir sicher. Erst letztens schleppte ich schwere Steine in den Garten. Nur im Vergleich zu früher, scheint die Kraft weniger zu sein. Was bringt mir der Vergleich! Die Rückschau? Passe ich mich auf diese Art dem Prozess des Älterwerden an? Oder sind es routinierte, unbewusst abgespulte Phrasen? Beim Älterwerden, lese ich, passiert Folgendes: Die Linse wird steifer, naheliegende Objekte sind schwerer zu erkennen. Die Linse wird dichter, das Sehen im dämmrigen Licht ist erschwert. Die Pupille reagiert langsamer auf Lichtveränderungen.
Tief im Inneren des Körpers beeinträchtigt der Alterungsprozess Makromoleküle wie Enzyme oder die DNA. Funktionieren die Makromoleküle im Alter nicht mehr richtig, wirkt sich das auf die Arbeit der Zellen und der Organe aus. Außerdem büßt der Körper ein Stück seiner Reparatur- und Regenerationsfähigkeit ein.

Lieber M., die Zeit hält uns gefangen auf dem unerbittlichen Strahl in Richtung Vergänglichkeit. Mit großer Anstrengung suche ich nach einem Ausstieg und doch scheint es kaum möglich. Dabei ist das zyklische Zeitempfinden unsere eigentliche Wahrnehmung des Seins. Ich stehe morgens auf. Durchlebe den Alltag und gehe abends zu Bett. Kein Tag gleicht dem anderen. Morgen stehe ich wieder auf und atme als Erstes tief die morgendliche Luft ein. Sofort spüre ich den Wechsel der Jahreszeiten. Der Geschmack der Jahreszeiten, der Duft der Zeit, ist jeden Morgen ein anderer. Jede Stunde hat ihren Duft. Jeder Tag. Jedes Jahr. Ich halte mit den Wandlungen der Dinge Schritt. Langsam. Leise. Liebevoll. Zärtlichkeit. Unsterblichkeit.

Nach vorn schauen. Wie soll es weitergehen? Was bedeutet das alles, was mir heute gekommen ist, für meinen nächsten Schritt?

Im Frühjahr nehme ich schon seit vielen Jahren täglich ein Medikament ein. Heuschnupfen. Eine saisonale Erscheinung. Ausserhalb dieser Zeit war ich frei von Medikamenten. Nun nehme ich zusätzlich noch das eine oder andere zu mir. Auf Anraten der Ärzte. Ganzjährig.

Mein Sportprogramm hat sich geändert. Ich trainiere und unterrichte jetzt Qigong und Tai-Chi. Früher übte ich mich in Wing Tsun. Ich habe Pläne. Möchte die Welt bereisen. Berge besteigen. Andere Kulturen erleben. Meere durchschwimmen. Ich möchte Bücher veröffentlichen und Texte und Fotografien. Ich hoffe noch entdeckt zu werden. Dass einer oder eine daher kommt und sagt, dass meine Gedanken und Fotografien einen Wert darstellen. Einen Wert, den man handeln kann. Den man versteigern kann. Den man ausstellen kann. Den man verlegen kann.

Ich möchte Frieden machen. Mit den Dingen. Den Menschen. Und den Ereignissen. Im Frieden liegt Ruhe, Stille und tiefe Entspannung. Tiefe Entspannung ist wesentlich in der Meditation, im Coaching, im Qigong und Taijiquan. Sie ist der Schlüssel zu vielen Türen. Im entspannten Zustand lässt es sich am besten leben, lernen, lieben, fühlen und denken. Zärtlichkeit benötigt Frieden. Innerer Frieden bedeutet, im Einklang mit sich selbst zu sein. Innerer Frieden bedeutet Zärtlichkeit, Liebe, Zufriedenheit, Annahme und Akzeptanz zu kultivieren. Innerer Frieden bedeutet, zum Wir, zum Du und Ich, fähig zu sein. Frieden zu stiften und inneren Frieden zu finden und zu kultivieren bedeutet, dem Drama von Schuld und Sühne, von Vergebung und Dankbarkeit zu entkommen.

Vielleicht werde ich noch zehn Jahre oder ein paar mehr in diesem wunderschönen Haus wohnen. Dann aber in ein kleines Haus, etwas abgelegen, mit einem verzauberten Garten ziehen. Es gibt genügend Platz für mich und E. Aus der Küche gelangt man in den Garten. Dort übe ich mit Menschen, die mich aufsuchen und um Unterweisung bitten, Qigong und Tai Chi. Regelmäßig packe ich meinen Weekender, reise zu entfernten Orten und halte Vorträge. Ich publiziere eifrig Bücher und Texte. Mein digitales Fotoarchiv wächst weiter. Ausstellungen werden organisiert.

Im Sommer finden die Aktivitäten ihren Höhepunkt. Mein Leben findet fast gänzlich draussen statt. Im Garten. Im Wald, bei Wanderungen und Spaziergängen. Das flirren der Luft in der Hitze. Bäume, die Schatten spenden. Die sengende Sonne. Mit einem Stofftaschentuch wische ich mir den Schweiß von der Stirn. Es ist die Zeit der langen Coaching-Spaziergänge. Der intensiven Reise zum Selbst.

Dann kommt der Herbst. Deutlich ist die Wandlung und der Übergang zum Winter spürbar. Die Nächte sind länger und kühler. Die Ernte wird eingefahren. Stürme blasen die Blätter von den Bäumen. Die Städte wirken unordentlicher. Im Garten reche ich das Laub zusammen und bilde einen Haufen. In dem kann dann der Igel sein Winterquartier aufschlagen.

Der erste Schnee fällt. Und dämpft die Geräusche aus der Natur. Der Lärm der Autos klingt in dieser Zeit wie aus weiter Ferne. Im Winter pausiere ich. Lasse die Kräfte zur Ruhe kommen. Mein Trainingsangebot ruht. Coaching gebe ich nur sporadisch, oft am Telefon. Als Personal Coach bin ich für meine Kunden da.

Lieber M., was soll ich mehr zum Älterwerden sagen? Es passiert einfach. Es ist ein steter Wandlungsprozess. Ich selbst werde gammeln. So wie ich es schon ein Leben lang mache. Ich brauche nicht mehr, um älter zu werden.

Ich sitze an meinem Schreibtisch. Den Arbeitsrechner habe ich heruntergefahren. Es ist Freitag. Draußen regnet es. Gleich gibt es Abendbrot. E. und ich werden es uns gemütlich machen. Wie jeden Freitag. Wie jeden Abend. Gemeinsame Zeit. Ich werde an Hannah denken. An Lenn. An meine Freunde. An dich, lieber M. Es ist schön so, wie es ist.